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Am Ende ihrer Reise gibt es eine Premiere. Als erste deutsche Außenministerin landet Annalena Baerbock am Sonntag in Fidschi. Es ist der Abschluss einer langen Reise ans Ende der Welt, die im vergangenen August noch an einer Panne des Regierungsflugzeugs gescheitert war. Australien, Neuseeland und Fidschi mit Hin- und Rückflug in gut sieben Tagen. Es ist mehr als nur Kontaktpflege, auch in Australien und Neuseeland war seit 13 Jahren kein deutscher Außenminister mehr. Es ist der Versuch deutlich zu machen, dass auch am anderen Ende der Welt nicht nur die Werte ähnlich sein können, sondern die Sorgen und die Interessen. Im Handel – und in der Sicherheitspolitik im Indo-Pazifikraum.

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In Australien übergab Baerbock Kulturgüter an den Aborigine-Stamm der Kaurna, die von Missionaren vor mehr als 150 Jahren nach Deutschland geschickt worden waren. In Neuseeland unterzeichnete sie eine Absichtserklärung für eine Forschungspartnerschaft in der Antarktis. Sie besuchte aber auch in Australien die Marine-Werft, in der das deutsche Unternehmen Lürssen Patrouillenboote für die Australier baut. Sie zeigt sich dankbar für die klare Position im Ukraine-Krieg und macht deutlich, dass auch Deutschland sieht, was seine Partner am anderen Ende der Welt umtreibt: allen voran die Sorgen wegen Chinas Agieren in der Region. In einem Interview mit lokalen Medien erklärte sie, dass Deutschland gelernt habe von den Fehlern im Umgang mit Russland vor dem Ausbruch des großen Krieges in der Ukraine – und es beim Umgang mit China anders machen werde. Man wolle den selben Fehler nicht zweimal machen, sagte sie.

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In der Region wird man das gerne hören. Die australische Außenministerin Penny Wong äußerte nach einem Gespräch mit Baerbock, sie begrüße „die Art und Weise, wie Deutschland seinen Einfluss in der Welt und in unserer Region ausübt“. Die drei Länder sehen Deutschland als Partner in den Bereichen Wirtschaft, Klima- und Energiepolitik sowie Sicherheit.

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Herausgefordert durch ein „politisch verunsichertes Amerika“

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Australien und Deutschland teilten „liberal-demokratische Werte und die Sorge um die Bedrohung durch autoritäre Mächte, aber auch das Bewusstsein für die Herausforderungen mit einem politisch verunsicherten Amerika als Verbündeten“, sagte Rory Medcalf vom National Security College an der Australian National University, der F.A.Z. Australien hat sich im Ukrainekrieg klar positioniert, Sanktionen verhängt und das Land mit humanitärer und militärischer Hilfe versorgt. Auch damit China nicht zu einer Einnahme Taiwans ermutigt wird. Der beste Beitrag Deutschlands für die Sicherheit im Indopazifik sei, dafür zu sorgen, dass Aggressionen in Europa keinen Erfolg haben, sagte Medcalf.

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Die Regierungen in Canberra und Wellington sehen die wachsende chinesische Präsenz in ihrer Nachbarschaft mit Argwohn. Australien begrüßt deshalb das verstärkte Engagement Deutschlands in der indopazifischen Region. Deutschland hatte 2021 nicht nur die Fregatte „Bayern“ zu einer Mission geschickt, sondern auch eine Gruppe von Eurofightern an einem australischen Manöver teilnehmen lassen. Zuvor, im Jahr 2020, hatte Berlin in seiner Indopazifik-Strategie schon deutlich gemacht, dass man sich in der Region sicherheitspolitischer stärker engagieren müsse – auch durch Rüstungskooperation: Das australische Militär hat schon deutsche Kriegsschiffe und Panzerfahrzeuge im Einsatz und will die Rüstungskooperation weiter ausbauen. Eine Version des deutschen Panzerfahrzeugs Boxer wird mittlerweile von Rheinmetall auch im australischen Queensland hergestellt und ab 2025 auch von dort nach Deutschland geliefert.

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Deutsche Fregatten in der Straße von Taiwan?

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Am Dienstag bricht zudem die Fregatte „Baden-Württemberg“ zu einer Übung in Richtung Pazifik auf, sie wird von dem Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ begleitet und gemeinsam geht es auch durch das Südchinesische Meer. In Neuseeland ließ Baerbock bei einer Pressekonferenz offen, ob die Schiffe nicht sogar durch die Straße von Taiwan fahren könnten. Sie hob hervor, dass das „Recht der friedlichen Durchfahrt“ auch dort gelte. Mit Blick auf Chinas Anspruch auf Taiwan könnte so etwas leicht zu Irritationen in China führen.

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Kaum ein Land hat Chinas Bereitschaft, politisch unerwünschtes Verhalten mit wirtschaftlichen Sanktionen zu bestrafen, so zu spüren bekommen wie Australien. Erst im März hatte China mit den seit 2020 verhängten Strafzöllen auf australischen Wein die letzten Sanktionsmaßnahmen aufgehoben.

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Auch Australien hat deshalb ein Interesse an einer Diversifizierung seiner Liefer- und Handelsketten. Neuseeland hatte Konfrontationen mit China über längere Zeit vermieden, schwenkt aber auf einen ähnlichen Kurs ein. Außenminister Winston Peters zeigte sich jüngst in einer Rede „zutiefst besorgt“ darüber, wie die Stabilität im Südchinesischen Meer auf die Probe gestellt werde. Seine Ankündigung, Neuseelands „Sparsamkeit“ in der Verteidigung beenden zu wollen, bietet Chancen zur Kooperation mit der deutschen Industrie.

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Die Sorge der beiden Länder gilt dabei zuallererst Chinas Einflussnahme auf die südpazifischen Inselstaaten. Deutschland könne dort eine „konstruktive Rolle“ als Entwicklungspartner spielen, und so die Abhängigkeit von China verringern, sagt Medcalf. Das deutsche Engagement im indo-pazifischen Raum müsse nicht militärisch sein, „die wirtschaftliche und kapazitätsbildende Seite ist wichtiger“. Die Eröffnung der Botschaft auf Fidschi – die im August aufgrund der Panne des Regierungsflugzeugs ohne Baerbock erfolgt war – als erste deutsche Vertretung in den pazifischen Inselstaaten wird als Zeichen eines echten Interesses gewertet.

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Schwerpunkt: Erneuerbare Energien

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Die Inselbewohner im Pazifik weisen immer wieder darauf hin, dass der Klimawandel für sie die größere Bedrohung sei als der geopolitische Wettbewerb. Fidschi sieht Deutschlands Initiative bei der Klimafinanzierung armer betroffener Staaten positiv. Canberra hofft zudem auf die Unterstützung Berlins bei seinem Plan, die Klimakonferenz COP31 im Jahr 2026 zusammen mit den pazifischen Inselstaaten auszurichten. Für Australien ist Deutschland auch ein wichtiger Partner auf dem Weg, eine „Supermacht für Erneuerbare Energien“ zu werden. Das Land arbeitet daran, grünen Wasserstoff an Deutschland zu liefern. Im Zuge der Energiewende könnten deutsche Technologie und australische Ressourcen kombiniert werden, sagt Medcalf.

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So steht auch der Kampf gegen die Klimawandel im Fokus der letzten Station von Baerbocks Reise ans andere Ende der Welt. In Fidschi mit seinen mehr als 300 Inseln bleibt Baerbock gleich zwei Tage, sie besucht am Montag ein Dorf, um sich über die Folgen der Überschwemmungen aufklären zu lassen. Sie besucht aber auch einen Stützpunkt der Streitkräfte der Fidschis. Mittwochfrüh wird Baerbock wieder in Berlin erwartet – pünktlich zur Sitzung des Kabinetts und den Krisen an diesem Ende der Welt.

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