Die Europäische Union und die Ukraine haben am Donnerstag ein gemeinsames Sicherheitsabkommen geschlossen. Ratspräsident Charles Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterzeichneten die Vereinbarung für die europäische Seite, Präsident Wolodymyr Selenskyj für sein Land.

„Mit diesem Abkommen verpflichten sich zum ersten Mal alle 27 Mitgliedstaaten, die Ukraine unabhängig von internen institutionellen Veränderungen umfassend zu unterstützen“, teilte Selenskyj in Brüssel mit. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einem „Zeichen der Solidarität in schwieriger Zeit“. Derweil forderten Polen und die drei baltischen Staaten eine gemeinsame finanzielle Anstrengung aller EU-Staaten, um ihre Ostgrenze militärisch zu sichern.

Die EU sagt der Ukraine für den Fall einer künftigen Aggression zu, dass die Mitgliedstaaten innerhalb von 24 Stunden zusammenkommen, um darüber zu beraten, was das Land benötige, während es sein Selbstverteidigungsrecht ausübe. Man werde dann gemeinsam mit der Ukraine rasch „angemessene nächste Schritte“ festlegen.

Vereinbarung rechtlich nicht einklagbar

Die EU werde außerdem weitere Maßnahmen erörtern, „um von jeglicher militärischer Eskalation gegen die Ukraine abzuschrecken“. Diplomaten hoben hervor, dass es eine solche Vereinbarung mit keinem anderen Drittstaat gebe. Freilich handelt es sich nur um eine Verpflichtung zur Konsultation, nicht zur Verteidigung. Zudem handelt es sich um eine rein politische Vereinbarung, die rechtlich nicht einklagbar ist – und deshalb auch nicht ratifiziert werden muss.

Das ist auch bei allen bilateralen Sicherheitszusagen so, die Deutschland und andere Staaten dem Land gegeben haben. Selenskyj unterzeichnete in Brüssel weitere solche Abkommen mit Estland und Litauen. Damit haben nun 19 Länder sowie die EU der Ukraine Sicherheitszusagen gegeben. Die Zusagen sollen die Ukraine gegen Russland absichern, bevor das Land der Nato und der EU beitritt und militärische Beistandsklauseln greifen.

Die EU sagt der Ukraine zu, das Land weiter mit Waffen und Ausbildung von Soldaten sowie finanziell zu unterstützen. „Die Europäische Union ist entschlossen, der Ukraine und ihrer Bevölkerung weiterhin so lange und so intensiv wie nötig die erforderliche politische, finanzielle, wirtschaftliche, humanitäre, militärische und diplomatische Unterstützung zu leisten“, heißt es allgemein in dem Text.

Deutschland gegen höhere Zusagen für Waffenhilfe

Neues Geld für Waffen wird aber nicht zugesagt. Es heißt lediglich, dass die Ausstattung eines Topfs für Waffenhilfe mit 5 Milliarden Euro in diesem Jahr bis 2027 um „vergleichbare Beträge“ erhöht werden könne, abhängig vom Bedarf des Landes und einer einstimmigen Entscheidung der Mitgliedstaaten. Gegen höhere Zusagen hatte sich nicht zuletzt Deutschland verwahrt. Berlin will lieber bilaterale Militärhilfe leisten.

Die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten kamen am Donnerstag in Brüssel zusammen, um ihre politischen Prioritäten für die nächsten fünf Jahre festzulegen und die Spitzenposten der Union zu besetzen. Verteidigung soll gemäß der Strategischen Agenda des Europäischen Rats hohe Priorität besitzen. Debattiert werden sollte auch über Optionen, um hohe Investitionen zu finanzieren. Hier haben einige Staaten gemeinsame Schulden wie während der Corona-Pandemie ins Spiel gebracht, was Deutschland, die Niederlande und Österreich aber vehement ablehnen.

Vor dem Treffen forderten die baltischen Staaten und Polen die EU-Partner auf, gemeinsam einen Verteidigungsriegel an ihren Grenzen zu Russland und Belarus zu finanzieren. „Ausmaß und Kosten dieses gemeinsamen Projekts erfordern entschlossenes Handeln der EU, um es politisch und finanziell zu unterstützen“, schrieben die Staats- und Regierungschefs der vier Länder in einem Brief an die EU-Institutionen. Sie wollten das Projekt beim Europäischen Rat in Brüssel vorstellen. Nach F.A.Z-Informationen betragen die Kosten allein für den polnischen Grenzabschnitt rund 2,5 Milliarden Euro.