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Den goldenen Pokal stemmen sie nach etwas mehr als zwei Stunden gemeinsam in die Höhe, denn einen Sieger gibt es bei diesem Wettstreit nicht. Der Frankfurter Jan Cönig und die Stuttgarterin Lena Stokoff, etablierte Künstler in der deutschen Poetry-Slam-Szene, teilen sich den ersten Platz bei „Die Sprache des Rasens – Der Poetry Slam zur Fußball-EM“ am Montagabend im English Theatre Frankfurt.

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Weniger als sechs Wochen vor dem Eröffnungsspiel der kontinentalen Meisterschaft soll die Veranstaltung die Vorfreude wecken und Lust auf das Turnier machen. Denn noch ist in der Stadt nicht zu sehen, dass hier in wenigen Wochen fünf Spiele der Europameisterschaft ausgetragen und Tausende Fans in der Fanzone am Mainufer erwartet werden. Auch am Zoo-Gesellschaftshaus, der Interimsspielstätte des English Theatre und Austragungsort des Slam-Wettstreits, weist kein Plakat auf das sportliche Großereignis hin, dabei ist der Abend im Theater Teil des offiziellen Rahmenprogramms zur Europameisterschaft.

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Nach dem Auftakt in Stuttgart und dem Gastspiel in Frankfurt sind bis Ende Mai ähnliche Veranstaltungen an den anderen Spielorten der Euro 2024 geplant. Die Slam-Reihe, organisiert von Christine Brinkmann, Yannick Steinkellner und Nils Straatmann, ist eines von insgesamt mehr als 60 Kunst- und Kulturprojekten, die von der Stiftung Fußball und Kultur Euro 2024 gefördert und mit Mitteln des Bundes finanziert werden. Die Projekte richten sich bewusst an ein breites Publikum, auch im English Theatre sind nur wenige Zuschauer regelmäßige Stadion­besucher, wie eine kurze Umfrage des Moderators Nik Salsflausen ergibt. Doch vom Sport mit dem runden Leder fasziniert sind hier alle.

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Im etwa zur Hälfe gefüllten Theatersaal widmen sich die sechs Wortkünstler dann auch weniger der bevorstehenden Europameisterschaft als dem Fußball an sich. Was zählt, ist ausnahmsweise nicht auf dem Platz, sondern auf der Bühne. Rhetorik statt Spielkunst, Worte statt Tore.

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In ihren Texten erzählen die Poetry Slammer von der Faszination der Sportart, die im Sommer für volle deutsche Stadien und Millionen Zuschauer an Bildschirmen sorgen soll. Sie erzählen von dem Geschehen auf dem Rasen und auf den Rängen und ihr sehr persönlichen Geschichten über das Dasein als Schiedsrichterin (Stokoff), den fußballbegeisterten Großvater (Pauline Puhze) und die Liebe zur „launischen Diva“ aus Frankfurt (Clemens Naumann).

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„Diese Liebe kennt keine Liga“

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Sie tragen wie Yannick Steinkellner eine Hommage an deutsche Nationalspieler in Gedichtform vor – „das Herz, das Hirn, das alles kann, ist alemanias captain Ilkay Gündogan“ – oder erinnern sich wie Cönig an das Gekicke auf dem Bolzplatz, der so weit weg ist von dem Milliardengeschäft Fußball. Mit ihren Worten zeigen die Slammer, was den Fußball wirklich ausmacht, unabhängig von Pokalen und Meisterschaften, Medienrechten und Transfersummen. „Diese Liebe kennt keine Liga, keine Nation und kein Geschlecht und diese Liebe ist echt“, formuliert es Marie Radkiewicz aus Berlin in ihrem Vortrag.

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Das reicht zwar nicht zum Einzug ins Finale, über den wie bei Poetry Slams üblich das Publikum durch die Lautstärke seines Beifalls entscheidet, wird von den Zuschauern im Saal aber dennoch mit spontanem Applaus bedacht. Einen passenderen Leitspruch für die bevorstehende Europameisterschaft kann es kaum geben, auch wenn „der am leichtesten zu stemmende Pokal der Pokalgeschichte“ später am Abend an Stokoff und Cönig überreicht wird. Es ist ein goldener Luftballon in der Form eines Henkelpokals, mit Helium statt Bier gefüllt.

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