„Jordan, Jordan, Jordaaaaaaan!“: Bei Kundgebungen wird der Parteivorsitzende des französischen Rassemblement National von einem meist jugendlichen Pu­blikum gefeiert wie ein Popstar. Jordan Bardella, 28 Jahre alt, hat ein Lächeln wie aus der Zahncremewerbung, trägt mit seinen 1,87 Metern am liebsten dunkle Maßanzüge und wirkt immer frisch frisiert. Der Sunnyboy ist der Schwarm junger Frauen, die dem RN lange Zeit nicht ihre Stimme gaben.

Insgesamt kommt der Kandidat für das Premierministeramt bei den jungen Franzosen gut an. Ein Viertel der Wähler zwischen 18 und 24 Jahren gab ihm bei der Europawahl die Stimme. Unter den 25- bis 34-Jährigen ging sogar jede dritte Stimme an die Liste von Bardella. Wobei das gute Abschneiden zu nuancieren ist: Ein großer Teil der Menschen unter 34 Jahren ging gar nicht an die Urnen. Und bei den Wählern zwischen 18 und 24 Jahren stimmten 33 Prozent für die populistische Linkspartei LFI.

Den Erfolg Bardellas bei der jungen Generation erklären Politikwissenschaftler mit seiner Social-Media-Kompetenz. Auf Tiktok folgen ihm 1,6 Millionen Leute, mehr als jedem anderen Politiker in Frankreich. Das Meinungsforschungsin­stitut Ifop untersuchte, wie junge Leute sich über Politik informieren: Tiktok wird inzwischen von 29 Prozent als Informationsquelle genannt. Damit stand das Netzwerk an zweiter Stelle hinter dem Fernsehen als Informationsmittel zur Europawahl.

Jeder dritte Jugendliche ist „ängstlich“

Ifop hat ermittelt, dass der Pessimismus in dieser Altersgruppe noch nie so stark war. 32 Prozent der 18- bis 25-jährigen Franzosen glauben, dass es ihnen in zehn Jahren schlechter gehen wird; 42 Prozent sind der gegenteiligen Meinung. Etwa ein Drittel bezeichnet sich selbst als „ängstlich“. Darauf hat Bardella einfache Antworten parat: Er verspricht, Franzosen zu bevorzugen, bei Ausbildung und Studium, bei der Wohnungsvergabe, der Gesundheitsversorgung und der Arbeitsplatzsuche.

Auch Tim Gensheimer, der vor einer Woche die Sinus-Jugendstudie in Deutschland mit veröffentlicht hat, sagt, Tiktok sei die wichtigste Nachrichtenquelle für Jugendliche. Und die AfD biete auf der Plattform knappe, emotionale sowie provozierende Antworten auf komplizierte politische Fragen. So sagte etwa Maximilian Krah, der umstrittene Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl, in einem Video auf der Plattform: „Deutschland geht pleite.“ Der Grund dafür laut Krah? „Am Werk sind Politiker, die sich nicht um die Wirtschaftsinteressen Deutschlands kümmern, sondern die absurden Ideen nachrennen.“ Sie würden Krieg gegen Russland führen wollen anstatt wichtige Handelsbeziehungen zu pflegen, so Krah.

Gensheimer sagt, die Botschaft der Populisten werde außerdem dadurch verstärkt, dass sich junge Wähler von den etablierten Regierungsparteien entzaubert fühlten. Zwischen den Erwartungen, die junge Menschen an Politiker hätten, und den Fähigkeiten zur Problemlösung, die sie ihnen zuschreiben, gebe es eine „Kluft“.

Zuwachs ist größer als bei der Europawahl 2019

Darunter haben vor allem die Regierungsparteien in Deutschland bei der Europawahl gelitten. 2019 hatten die Grünen bei den jungen Wählern noch 34 Prozent geholt; bei der diesjährigen Europawahl waren es 23 Prozentpunkte weniger. Populisten konnten einige der Stimmen auffangen: Fast jeder sechste Deutsche unter 25 Jahren hat bei der Europawahl für die AfD gestimmt (16 Prozent).

This corresponds to the average for the entire population. But it is noticeable that the increase in votes compared to the last European elections in 2019 is significantly greater than among German voters as a whole: the number of young voters who voted for the AfD is more than three times higher than five years ago. Those aged 25 to 34 voted even more often for the AfD (18 percent).

Sahra Wagenknecht's alliance was also successful with young voters: the new party received six percent of the vote in this group straight away. The most successful party in this age group, however, is the CDU/CSU with 17 percent. Young voters are therefore voting for more right-wing parties, including more right-wing extremists – but not only that.

The Austrian communists are also gaining support among young people

In Austria, the biggest winner among young voters was a very old party: the Communist Party of Austria (KPÖ), which has operated under this name since Stalinist times. In 2019, it received just one percent of young voters, but this year it shot up to ten percent. This is the antithesis of the “right-wing thesis”. The fact that young people are increasingly voting right-wing is only partially confirmed by the election results in Austria.

The right-wing FPÖ was able to gain slightly among voters under 30: compared to 17 percent in 2019, 19 percent now voted for the “Blues”. But this increase is well below the general increase recorded by the party of former Interior Minister Herbert Kickl. And the 19 percent is still well below the approximately 25 percent that the FPÖ received overall in the European elections – and with which it became the strongest force in nationwide elections in Austria for the first time.

If you take the entire party spectrum, you can see at most a slight shift from left to right. This is mainly due to the devastating fall of the Greens, who were the strongest party among young voters five years ago with 28 percent and now only received twelve percent in this segment, which is only slightly above the Greens' overall result of eleven percent.

SPÖ and ÖVP tied

The social democratic SPÖ also suffered losses, falling from 22 to 20 percent among voters under 30. Surprisingly, the Christian Democratic ÖVP was the strongest party in this age group, with 20 percent (an increase of four points) among voters under 30. The liberal Neos also gained among young voters (from 14 to 17 percent).

Researcher Tim Gensheimer says: “Young people feel that politicians are not taking them seriously.” This was also the case four years ago, when the youth study was first conducted in Germany. But this year, the view of the world has become even more pessimistic due to the multitude of crises. Some are therefore looking for alternatives.